KIWi-lit!: Vorladung bei Windecks Gericht am 27. Mai 2017

Frieder Döring begrüßt die Wandergruppe auf dem Vorplatz von kabelmetal
Frieder Döring begrüßt die Wandergruppe auf dem Vorplatz von kabelmetal

Vorladung bei Windecks Gericht  

 

 

Bericht über die dritte literarisch-historische Wanderung

mit Frieder Döring von der KulturInitiative Windeck am 27. Mai 2017 

Die Wandergruppe vor der Halle kabelmetal
Die Wandergruppe vor der Halle kabelmetal

Als der KIWi-Vorsitzende Frank Christgen um Punkt 14 Uhr am Kabelmetal-Parkplatz bei annähernd 30 Grad im Schatten die wartenden Wanderfreunde begrüßte, waren alle überrascht, dass trotz des unglaublich warmen Sommerwetters über dreißig Teilnehmer zu dieser nicht ganz leichten Tour zusammengekommen waren.

Frieder Döring erläuterte den Weg und die Ziele und versprach, für ausreichend viele Pausen zu sorgen. Dann gings los über das ehemalige Kriegsgefangenenlager aus dem dritten Weltkrieg zum Bahnhof Schladern und dessen Entstehungsgeschichte. Weiter am Lehmberg mit seiner Industrievergangenheit vorbei zum Bodenberg hoch. Am Sportplatz wurde das Jagdlager der Eiszeitjäger in Augenschein genommen und im Griesen Siefen der erste Köhlermeiler mit Köhlerhütten-Platz. Dort las Frieder Döring auch das Gedicht seiner Großtante, der Heimatdichterin Auguste Peters vor: „Et Fräuchen em griesen Siefen“. 

 

Frieder Döring liest „Et Fräuchen em griesen Siefen“ der Heimatdichterin Auguste Peters
Frieder Döring liest „Et Fräuchen em griesen Siefen“ der Heimatdichterin Auguste Peters

An der Kreuzung des nördlichen Sieghöhenweges XS mit dem Graf-Engelberth-Weg X28 interessierten sich zwei extra aus Essen zu dieser Wanderung angereiste Damen sehr dafür, dass sie auf dem X28 (fast schnurgerade) bis nach Essen-Kray wandern könnten. Von den Hönrather Weiden aus bewunderten alle das Siebengebirgspanorama. Bei Familie Zinsen im Haus Hönrath füllten einige Teilnehmer ihre Wasserflaschen auf, denn der Wasserbedarf war groß. Hinter Hönrath erläuterte Frieder Döring erst die Funktion der Landwehrhohlwege und dann am Quellmuldenteich die Anlage und Funktion der Rennöfen in der Nutscheid. An der Abzweigung nach Kölschbach wurde im kühlen Schatten eine Jausen-Pause eingelegt, während der der Wanderführer mit einigen Unverdrossenen noch die Ruinen der Wüstung Kölschbach (ursprünglich Köhlersbach) besichtigte und die Dichte der Köhlermeiler darum herum erklärte.

 

Pause
Pause

Nach der Pause ging es an Resten von Haubergen vorbei erst zu der alten ottonischen Thingstätte Drei Eichen und deren Geschichte, dann über Teile der sog. Römer- oder Zeith-Straße zu „Windecks Gericht“ auf dem Galgenberg, wo sich alle Teilnehmer auf dem Galgenfundament und unter der malerischen Eiche, die der Landrat Maurer 1852 dort als Erinnerung gepflanzt hatte, aufstellten zur Foto-Session. Frieder Döring las dazu Gedichte, sog. Galgenlieder, von Francois Villon vor und erzählte die Geschichte des in der Reformationszeit von den Windeckern geraubten und zunächst zum Galgenberg und dann in den Kerker entführten Pfarrers von Nümbrecht.

 

Tod auf dem Galgenberg

 

Bis ins 19. Jahrhundert sollen auf dem Galgenberg Menschen hingerichtet worden sein. Der Galgen stand weithin sichtbar auf dem 356 Meter hohen Berg. Damit demonstrierte die Obrigkeit ihre Macht. Mit den öffentlichen Hinrichtungen sollten Übeltäter abgeschreckt werden. Zwei Hinrichtungen durch „Hauptabschlag“ sind dokumentiert. 1744 wurde hier ein Falschmünzer geköpft und 1766 eine Mutter. Sie hatte ihre eigenen Zwillinge ermordet.

 

Frieder Döring erzählte auch folgende Geschichte vom Galgenberg:

 

Knapp 100 Jahre vor der Hinrichtung der letzten Delinquentin, der doppelten Kindsmörderin, auf dem Galgenberg ereignete sich folgende Geschichte: Wilhelm I von Sayn-Witgenstein hatte entsprechend dem Augsburger Frieden von 1555 in seinem Gebiet, zu dem damals vor dem Siegburger Vergleich neben Homburg auch noch Waldbröl, Morsbach und die östlichen Teile von Windeck gehörten, die lutherische Konfession eingeführt. Sein Sohn Ludwig der Ältere war aber als Großhofmeister von Friedrich III von der Pfalz dort Calvinist geworden und versuchte nach dem Tod des Vaters zwischen 1570 und 1604 die Calvinische Konfession im Sayn`schen Land durchzusetzen, was nicht ganz legal war nach dem Augsburger Frieden, weil darin als protestantische nur die lutherische vermerkt war. Um 1570 war der lutherische Johann von Lützerath aus Gebhardtshain Amtmann von Windeck, der in Absprache mit dem heimlichen Lutheranhänger Herzog Wilhelm von Berg auch der Rosbacher katholischen Gemeinde auf der Fronleichnamsprozession Auf dem Hilligen Kamp in Huerst 1571 befohlen hatte, lutherisch zu werden. Der hatte nun gehört, dass der Ludwig von Sayn einen calvinistischen Pfarrer in die Nümbrechter Gemeinde geschickt hatte. Und da er die Saynschen Randgebiete großzügig zum Herrschaftsgebiet des Amtes Windeck erklärt hatte, schickte er an einem Sonntag 1573 von der Burg Windeck aus einen Trupp Landsknechte nach Nümbrecht und der nahm dort diesen subversiv calvinistischen Pfarrer im Gottesdienst, in flagranti sozusagen, gefangen. Dann ging`s mit ihm direkt zum Galgenberg zu „Windecks Gericht“ (6 km), wo er ihn gleich aufknüpfen lassen wollte. Nun hatten die Nümbrechter aber die Glocken läuten lassen, und viel Volk war gekommen, war hinterhergelaufen und hatte auf dem Galgenberg gegen die Exekution so heftig protestiert und randaliert, dass die Landsknechte sich bedroht fühlten und sich mit ihm vorsichtshalber auf die Burg Windeck zurückzogen, wo er acht Jahre im Kerker des Bergfriedes schmachten musste, bevor ihn der Nachfolge-Amtmann schließlich laufen ließ. Die Calvinische  sog. zweite Reformation wurde dann schließlich ab 1605 von Ludwigs Sohn Georg im Homburger Land vollständig eingeführt.

Die Geschichte ist in den Kirchenbüchern von Nümbrecht verzeichnet.

Gruppenbild bei „Windecks Gericht“ auf dem Galgenberg
Gruppenbild bei „Windecks Gericht“ auf dem Galgenberg

Nach diesem höchsten Punkt der Wanderung ging`s zunächst nur noch abwärts ins obere Elisental, wieder an Köhlermeilern und oberflächlich zu Tage tretendem Raseneisenerz vorbei bis zum alten Mühlteich der ehemaligen Hammermühle von Ommerroth (ursprünglich Hammerrodung), deren Arbeit zur Erzaufbereitung ebenso erklärt wurde, wie die Funktion der Waldschmiede Ommeroth unmittelbar darüber.

 

Am Dreiortsberg mit seinen Ameisenhügeln und den Elisental-Biotopen vorbei wanderte die Gruppe dann entspannt bis zu „Stöckers Plätzchen“, wo den Teilnehmern freigestellt wurde bei Bedarf an der Pulvermühle entlang nach Dattenfeld vorm Berg zu laufen, was eine Dame auch machte, während der Rest der Truppe, sich zum letzten großen Anstieg nach der Jucht aufmachte, am Bach entlang bis zur Quellmulde, an der natürlich wieder ein Köhlermeiler zu besichtigen war. In der Jucht am Försterhaus angekommen, erklärte Frieder Döring den Namen: „Jucht setzen, heißt die Jucht durch den hohen Ofen setzen oder schmelzen.“ (Neues und curiöses Berkwerks-Lexicon von 1730) und demonstrierte dann die Namensbedeutung an den diskreten Überbleibseln einer Rennofenanlage.

Durch eine weitere Landwehranlage ging es schließlich zur Schwedenschanze und Vorburg der Feste Windeck und am Eselsweg vorbei über die Burg-Windeck-Straße zum Parkplatz kabelmetal zurück, wo sich die Teilnehmer verabschiedeten und bedankten und offensichtlich sehr an einem Platz im Biergarten interessiert waren.

   

Frieder Döring

  

Bilder: F. Christgen

 

BILDERGALERIE

 

Alle Bilder der Wanderung können hier heruntergeladen werden.

Geschichte erleben an historischen Tatorten - mit Frieder Döring

 

Frieder Döring ist vielen Windeckern bekannt durch seine historischen Krimis aus dem Windecker Ländchen. Der Autor weiß, wovon er schreibt. Er kennt diese Gegend voller historischer Stätten, von denen oft nur noch wenige Reste übrig sind, wie kein Zweiter. Alle Schauplätze beschreibt er mit dem Wissen des eigenen Augenscheins und der historischen Begebenheiten. Darüber hinaus berichtet er von vielen tragischen, dramatischen aber auch witzigen Geschichten der Menschen, die damals auf den Burgen und in den Dörfern darum herum lebten.

 

Sein Motto: "Raus in die Welt: Was erleben, worüber man wieder schreiben kann."

 

Die Windecker Historien-Krimis von Frieder Döring

 

·         Codex Wolkenstein – Ein Windeck Historien-Krimi. Roland Reischl Verlag: Köln 2015.

·         Eburonengold - Ein Windeck Historien-Krimi. Roland Reischl Verlag: Köln 2013.

·         Der Frankenturm - Schildert Raubgräber-Abenteuer, die Karl Bayer mit seinen vier             kleinen Enkelchen erlebt. Der Roman wird etwa Ende September erscheinen.