Windecker Austauschschülerin zurück aus Südafrika

Anastasia Hansen vor dem alten Rathaus in Kapstadt
Anastasia Hansen vor dem alten Rathaus in Kapstadt

 

Windecker Austauschschülerin

zurück aus Südafrika

 

Anastasia Hansen berichtet über ihre Rückkehr aus Südafrika aufgrund der Coronakrise

 

 

"Meine Corona-Erfahrungen sind nicht so gut, aber ich hatte nochmal Glück im Unglück. Es ging um viel Unsicherheit, Angst, aber auch aufgeregte Nervosität. Ich bin eine der Deutschen, die im Ausland waren und jetzt zurückmussten. Ich war in Südafrika. Aber nicht als Touristin, sondern als Austauschschülerin. Ich sollte eigentlich dort ein Jahr bleiben. Es wurden knappe neun Monate, was auch schon eine ganze Zeit lang ist, da will ich mich nicht beschweren. Aber natürlich wäre ich gern bis zum Ende im Juni geblieben.

 

Ich habe die ersten Coronafälle in Deutschland übers Internet mitverfolgt. Auch ich habe das Virus total unterschätzt und auch nicht damit gerechnet, dass es nach Südafrika kommt. Trotzdem wuchs mit den Fällen irgendwann auch meine Sorge um meine Eltern und Freunde in Deutschland, vor allem diejenigen in der Risikogruppe. Irgendwann verlor ich auch mal die Lust am Thema, verfolgte dann aber auch die Liveticker wieder mit. Doch ich hatte das Gefühl, das meine Sorge nur größer wurde, wenn ich mich damit ständig beschäftigte. Deshalb las ich ein paar Tage überhaupt nichts zu dem Thema. Als ich dann mich auch darüber wieder informierte, erschrak ich regelrecht über die schnellen Entwicklungen.

 

Vor ein paar Wochen kam das Virus dann aber doch auch nach Südafrika und wurde Dauerthema. Ständig redete irgendjemand in der Schule darüber. Sorgen um mich machte ich mir aber noch keine. Kurze Zeit später wurde es dann aber ernst. Obwohl es vergleichsweise immer noch wenige Fälle gab, ordnete Präsident Cyril Ramaphosa drastische Maßnahmen an. Die Schulen sollten geschlossen werden und ein Einreiseverbot wurde verhängt für Reisende aus "High Risk Countries" wie Deutschland. An eine vorzeitige Ausreise dachte ich aber immer noch nicht. Erst als ich was von zurückgerufenen Visas hörte, wurde mir mulmig. Da fragte ich mich zum ersten Mal, ob mich das auch betrifft. Später erfuhr ich, dass das nur galt, wenn man sich noch nicht im Land aufhielt. Es wurden auch Versammelungen von über 100 Leuten verboten, was dort oft auch Gottesdienste betrifft. Dann erfuhr ich von der Betreuerin meiner Organisation, dass sie über einen Abbruch des Schüleraustauschprogramms nachdachten.

 

Das alles geschah an einem Sonntagabend. Die Nächte darauf schlief ich sehr schlecht und telefonierte jeden Tag mit meinen Eltern, sonst höchstens einmal pro Woche. Die Unsicherheit nagte an mir. Ich hoffte am nächsten Tag in der Schule mehr zu erfahren. Bis auf die Erfahrungen von anderen Austauschschüler*innen, die meinen sehr ähnelten, gab es aber erstmal nichts Neues. Wir alle hatten die gleichen Sorgen. Manche waren sogar erst vor wenigen Wochen oder Monaten angekommen.

 

Nach der Schule kam dann der endgültige Beschluss meiner Organisation, dass ich zurück musste wie alle Deutschen, die ich dort kannte. Ich war erleichtert irgendwie, weil jetzt Klarheit herrschte. Es kam aber auch eine neue Unsicherheit: die Frage, wann ich fliegen konnte. Ich hörte, dass viele Fluggesellschaften den Großteil ihrer Flüge strichen. Ich begann dann direkt mit dem Packen, wollte allzeit bereit sein, auch wenn ich es nicht war. Es gab noch so vieles zu regeln vor meiner Abreise und Erfahrungen, die ich noch hätte machen wollen, jetzt aber nicht mehr konnte.

 

Einen Tag später bekam ich dann den frühestmöglichen Flug am nächsten Sonntag. Diese letzten zwei Tage waren mir ewig vorgekommen und hatten sehr an meinen Nerven gezerrt. Wieder war einiges geklärt worden und trotzdem wieder neue Unsicherheiten: würde am Flughafen alles glatt gehen und der Flug auch nicht gecancelt werden? Ich durfte auch die Erfahrung machen, einmal umsteigen zu müssen, zum Glück innerhalb Südafrikas. Von den meisten Freunden konnte ich mich verabschieden, von einigen aber auch nicht. Die Beziehung mit meiner Gastfamilie veränderte sich. Wir waren uns viel näher. Ich redete und verbrachte mehr Zeit mit ihnen. In Südafrika gab es noch weder eingeschränkte Begrüßungsrituale oder Kontaktmöglichkeiten noch leere Supermärkte.

 

Es lief dann doch alles wie geplant. Diese Woche wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Es war alles sehr stressig und nicht einfach, aber irgendwie klappte es dann doch. Im Flugzeug traf ich sogar andere nette Deutsche, die Freiwilligendienst gemacht hatten und mit denen ich mich gut verstand.

 

Vor ungefähr zwei Wochen bin ich nun hier. Vieles war komisch und doch so normal. Ich erlebte Probleme, die viele Austauschschüler*innen bei der Rückkehr erlebten und doch war es anders. Mittlerweile habe ich mich aber wieder gut eingelebt. Die Kontaktsperre und die anderen Maßnahmen halt ich zwar für richtig, treffen mich aber schon. Ich bin meinen Freunden zwar theoretisch näher als vorher, aber sehen können wir uns nicht. Mir fehlt ein Alltag. Ich hatte mir so vieles ausgemalt, was ich nun machen wollte. Nun geht das meiste davon aber erstmal nicht.

Die Entscheidung meiner Organisation stellte sich leider sehr schnell als richtig heraus. An dem Tag, als ich ankam, verkündete der Präsident dort wieder neue Maßnahmen. Dazu zählten sehr strenge Ausgangsbeschränkungen (lockdown oder shutdown genannt) und Schließungen aller Grenzen. Das alles hatte ich vorher auch schon befürchtet.

 

Trotz der Sicherheit bei meiner Familie zu sein, bleibt die Unsicherheit. Sie verändert sich nur die ganze Zeit und ist vielleicht nicht mehr ganz so stark. Ich weiß nicht, wie es weitergeht allgemein und für mich, auch mit der Schule. Man kann nur abwarten und das ist auf Dauer sehr frustrierend."