Unesco-Welttag des Buches am 23. April 2020

Unesco-Welttag des Buches am 23. April 2020
Unesco-Welttag des Buches am 23. April 2020

 

Unesco-Welttag des Buches am 23. April 2020

 

→ ohne Lesungen vor Publikum

→ ohne Verlagsbesuche

→ ohne die vielen anderen geplanten Veranstaltungen…

 

Daher geben hier einige KIWi-Mitglieder*innen ihre ganz persönlich Buchempfehlungen:

 

Frieder Döring

 

Max Annas

 

Morduntersuchungskommission

 

Rowohlt Verlag, 2019, 346 S. Hardcover, 20,00 €

 

Max Annas, mit dem ich seit den 1980er Jahren, als er in Köln lebte, befreundet bin und dem ich bei den medizinischen Details seines letzten Buches „Morduntersuchungskommission“ helfen konnte, hat lange Jahre in Afrika verbracht. Zuerst in Burkina Faso, dann in Südafrika, von wo er seine ersten beiden Krimis „Die Farm“ und „Die Mauer“ mitbrachte, in denen er die sozialen Missstände der Apartheit-Folgen anprangerte. Nach seinem Umzug in die Bundeshauptstadt widmete er sich hiesigen Themen. In „Illegal“ den Menschen ohne Papiere in der Großstadt, in „Finsterwalde“ einem fiktiven Flüchtlingsprogrom und in „Morduntersuchungskommission“ dem latenten Rassismus in der ehemaligen DDR. Seine fiktionale Geschichte basiert auf einem realen Mord an einem realen mosambikanischen Gastarbeiter in Thüringen 1986.

 

Der junge Mosambikaner Manuel Diogo, offiziell ein „sozialistischer Bruder“, wird tot und verstümmelt an der Bahnstrecke von Saalfeld nach Jena gefunden. Der zuständige Beamte der Morduntersuchungskommission (MUK), Oberleutnant Otto Castorp, wird bei der Ermittlung von der Staatssicherheit ausgebremst und abgelöst, die dann alles übernimmt und vertuscht, da es im Realsozialismus der DDR keine Fremdenfeindlichkeit geben darf. Deshalb ermittelt Castorp auf eigene Faust weiter und stößt dabei auf eine Gruppe von Alt- und Neonazis mit einem Netzwerk, das einerseits bis in die BRD reicht, andererseits auch in die Stasi, wodurch er seine eigene Existenz schwer in Gefahr bringt.

 

Ein spannender Krimi, der wie alle Krimis von Max Annas einen sozialpolitischen Hintergrund und eine Botschaft hat. Außerdem ein zeitgeschichtliches Dokument, mit dem ein dunkler Bereich der DDR-Geschichte beleuchtet wird, der bisher wenig im Westen bekannt war. Er gibt zumindest eine Teilantwort auf die Frage, woher in den neuen Bundesländern auf einmal die vielen Neonazis hergekommen sind!

Anne Halbach

 

Vorab: Ich gestehe es gern: Ich kaufe oft Bücher, weil mir der Titel gefällt.

 

Das ist nicht immer die richtige Wahl, aber sehr oft. Ich mache das an ein paar Büchern deutlich, die ich so gekauft und fast immer gern gelesen habe. Das übergreifende Thema bei dieser Auswahl: „Gerontologie, die Lehre von den Vorgängen beim Altern.“

 

Das fing an mit Altwerden ist nichts für Feiglinge, Joachim Fuchsberger hat es 2010 geschrieben und der Titel ist fast eine Redensart geworden. Sein interessantes Leben kennt man danach und auch einige Tipps für positives Altern, aber ich schenke es gerne jemandem, der den Schauspieler verehrt. (Gütersloher Verlagshaus, 2011, 224 S., 20,00 €)

 

Von Henning Scherf habe ich viel gelesen, empfehlen würde ich immer Altersreise – wie wir alt sein wollen. Der ehemalige Bremer Bürgermeister sieht im Altsein eine Herausforderung und zeigt, wie man sie bewältigen kann. (Herder Verlag, 2013, 224 S., 12,00 €)

 

Seine immerwährende und selbst gewählte Aufgabe ist das Aufzeigen verschiedener Lebensformen, das zeigt sich auch in den Büchern „Gemeinsam statt einsam“ (Herder Verlag, eBook, 2010, 220 S., 7,99€) und Das Alter kommt auf meine Weise (nur noch in Antiquariaten erhältlich).

 

Wenn Sie wissen wollen, was im Alter im Gehirn passiert, sind diese beiden Bücher interessant (aufpassen, die Titel sind es wieder, die zum Kauf angeregt haben):

Graue Haare, kluger Kopf – warum das Gehirn im Alter immer besser wird von Norbert Herschkowitz und Elinore Chapman Herschkowitz (nur noch in Antiquariaten erhältlich) und „Da geht noch was – die überraschenden Fähigkeiten des erwachsenen Gehirns“ von Barbara Strauch (Berlin Verlag, eBook, 2012, 272 S., 10,99 €).

 

Mit viel Spaß habe ich gelesen Ist es wahre Leidenschaft oder nur erhöhter Blutdruck – 20 Gründe, das Alter nicht zu ernst zu nehmen von Ingo Froböse und Peter Großmann, die viele aus den Sportsendungen in der ARD kennen. Sehr unterhaltsam und dabei fachlich aufs Beste gerüstet, uns Bewegungsmuffel aufzurütteln. (Bastei Lübbe, eBook, 2012, 109 S., 7,99 €).

 

Nach Je oller, je doller – so vergreisen Sie richtig hat Bill Mockridge ein Buch über seinen Selbstversuch geschrieben, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen und gesund und selbstbewusst ins Altenleben zu starten: nette Ratschläge und dazwischen auch ärztliche Tipps für das gesunde und vor allem aktive Leben: Es heißt „In alter Frische – ein grauer Star packt`s an“. Unterhaltsam und vielleicht ein guter Start in das noch so fremde Lebensalter. Aber man muss den Autor auch mögen ... (Bastei Lübbe, eBook, 2015, 319 S., 8,99 €)

 

Viele langzeitbekannte Schauspieler oder FS-Größen schreiben Bücher über den Einstieg ins Alter, wenn sie ihre eigenen Empfindungen, Verlustängste und Strategien spüren. Zwei möchte ich hier benennen, die Texte sind immer unterhaltend, nicht belehrend, aber jeder Leser, jede Leserin muss die Autoren auch mögen und interessant finden, sollte an den Erfahrungen der ehemals berühmten teilhaben wollen. Ich fand Da geht noch was – mit 65 in die Kurve von Christine Westermann gut lesbar, es ist sehr persönlich und will kein Ratgeber sein. (Kiwi Taschenbuch, 2015, 192 S., 8,99 €)

 

Ebenso nett und gut lesbar ist Herbstbunt – wer nur alt wird, aber nicht klüger, ist schön blöd von Thomas Gottschalk, der uns gute Einblicke in sein Leben gibt und Mut und Gelassenheit zeigt auf dem Weg ins Altersjahrzehnt der 70er. (Heyne, 2019, 272 S., 20,00 €)

 

Viel Spaß beim Lesen!

 

Noch ein Tipp: Wenn ein Buch nicht mehr lieferbar ist und man eBooks nicht lesen mag: Die meisten Bücher sind in Antiquariaten zu finden; online gibt es viele Zentralverzeichnisse.

Carola Henke

 

Erich Kästner

 

Das Blaue Buch. Geheimes Kriegstagebuch 1941 – 1945

 

Herausgegeben von Sven Hanuschek in Zusammenarbeit mit Ulrich von Bülow und Silke Becker

 

Artrium Verlag, 2018, 406 S. 32,00 €

 

Am 10. Mai 1933 verbrannten auch die Bücher von Erich Kästner, Schriftsteller und Antimilitarist, auf den Scheiterhaufen der Nazis, ein Berufsverbot folgte. Doch emigriete Kästner nicht. Unter Pseudonym schrieb er Unterhaltungsliteratur und Drehbücher für die UFA. Seine Entscheidung, in Deutschland zu bleiben, begründete er damit, die Ereignisse dokumentieren zu wollen.

 

„Der Entschluss ist gefasst. Ich werde ab heute wichtige Einzelheiten des Kriegsalltags aufzeichnen. Ich will es tun, damit ich sie nicht vergesse, und bevor sie, je nachdem wie dieser Krieg ausgehen wird, mit Absicht und auch absichtslos allgemein vergessen, verändert, gedeutet oder umgedeutet werden.“

 

Am 16.01.1941 beginnt Kästner mit den Notizen in einem blau eingebundenen Buch, das er stets auch in die Luftschutzbunker mitnahm und daher nicht der Zerstörung anheimfiel. Wenn auch nicht jeder Tag dokumentiert ist, so zeichnet das Buch doch ein anschauliches Bild dessen, wie das Leben im 2. Weltkrieg sich gestaltete, wie das Private mit dem Politischen verzahnt war. Natürlich ist das immer so, nur wird es in Krisenzeiten spürbarer, werden die Eingriffe ins Privater zudem stärker.

 

Neben ganz Alltäglichem zitiert Kästner aus Zeitungsartikeln, Rundfunksendungen, Heeresberichten, und geht des Öfteren darüber hinaus: Er kommentiert, bewertet. Und hält selbst Witze über die Nazis in seinem blauen Buch fest. Aus gutem Grund hat er es so sehr behütet und zudem in der Gabelsberger-Kurzschrift verfasst.

 

Der letzte Eintrag ist vom 29. Juli 1945 und gibt die Erzählung eines KZ-Häftlings wieder, die selbst einem kritischen und wachsamen Geist wie Kästner Neues und Erschreckendes offenbarte. Das mag der Grund sein, warum er seinen Plan, das Tagebuch als Grundlage eines Romans zu nutzen, nicht in die Tat umsetzen konnte: die Diskrepanz zwischen seinem Leben in dieser Zeit, die durchaus auch durch Entbehrungen und Ängste geprägt war, und dem in den Konzentrationslagern.

 

Eine sehr aufschlussreiche Dokumentation, die uns helfen kann, unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern besser zu verstehen, ebenso wie die Nachkriegszeit und die Entwicklung danach.

 

Ein Tagebuch, das ich noch nicht gelesen habe, ist gerade erschienen:

Paolo Giordano „In Zeiten der Ansteckung. Wie die Corona-Pandemie unser Leben verändert“

 

rororo, 2020, 80 S. 8,00 Euro

Helga Meierhenrich

 

Mariana Leky

 

Was man von hier aus sehen kann

 

DuMont Buchverlag, 2017, 320 S., 20,00 €

 

Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird.

 

Mariana Leky erzählt genau beobachtend und lakonisch das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Vor allem aber ist es ein Buch über die Liebe unter besonderen Vorzeichen. Liebe, die scheinbar immer die ungünstigsten Bedingungen wählt.

 

Für Luise, z.B., Selmas Enkelin, gilt es viele tausend Kilometer zu überbrücken. Denn der Mann, den sie liebt, ist zum Buddhismus konvertiert und lebt in einem Kloster in Japan.

 

Soweit der Klappentext des Buches…

 

Beim Lesen stellten sich bei mir zunehmend Assoziationen, sozusagen „Querverbindungen“ zum benachbarten Westerwald ein, schlugen mich zusätzlich zum Inhalt in Bann und daher faszinierte mich das Buch nachhaltig.

 

So gibt es z.B. in Hassel an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz, in der Nähe der Hohen Grete, ein Buddhistenkloster, zu dem man hoffentlich bald wieder wandern kann. Zudem weist Altenkirchen eine sehr gute Eisdiele auf. Und mir ist, aus Erzählungen Älterer in meiner Kindheit, in Erinnerung geblieben, dass es im Westerwald hier und da „Seher/innen“ gab, die die Gabe der Vorausschau besaßen. Nun ja, ein zusätzliches Faszinosum…

 

Denn die Autorin ist recht vertraut mit dieser Gegend, sie lebte in ihrer Kindheit hier, und ihre Großmutter väterlicherseits unterrichtete lange Jahre am früheren „Päda“ in Herchen, dem heutigen Bodelschwingh-Gymnasium.

Jürgen Orthaus

 

Eckhard Tolle

 

Jetzt! Die Kraft der Gegenwart

Ein Leitfaden zum spirituellen Erwachen

 

Übersetzung: Bolam, Christine; Nentwig, Marianne S. Kamphausen, 2018, 240 S., 19,50 € (Taschenbuch 14,80 €, eBook 12,99 €)

 

Das Buch, das ich empfehlen möchte, hat einen schlichten Titel: „Jetzt!“. Mit dem erklärenden Zusatz: „Die Kraft der Gegenwart“. Der spirituelle Lehrer Eckhart Tolle hat es geschrieben. Es erschien 1997 und ist in über 35 Sprachen übersetzt worden. Ein Weltbestseller.

 

Was ist die Gegenwart, das Jetzt? Es ist immer da. Doch sobald man darüber nachdenkt, ist es schon vorbei. Weil wir immer denken, leben wir meist nicht im Jetzt. Sehr schade. Unendlich viele verpasste Chancen, Kraft aus dem eigentlichen Leben, dem Jetzt zu schöpfen.

 

„Denke daran, dass die Gegenwart alles ist, was du hast“, sagt Eckhart Tolle. Stattdessen grübeln wir oft über unsere Fehler in der Vergangenheit, über verpasste Chancen und Ungerechtigkeiten, die uns widerfahren sind. Oder wir machen uns Sorgen über Dinge, die in der Zukunft liegen. Alles Gedanken, die nichts mit dem zu tun haben, was jetzt wirklich ist.

 

„Du kannst dich nicht selber finden, indem du in die Vergangenheit gehst. Du findest dich selber, indem du in die Gegenwart kommst“ (Eckhart Tolle). Denn die Vergangenheit ist vorbei. Was du wirklich bist, wie du lebst und empfindest, das spielt sich nur im Jetzt ab.

 

„Je mehr du dich auf die Zeit konzentrierst, auf Vergangenheit und Zukunft, desto mehr verpasst du das Jetzt, das Kostbarste was es gibt“ (Eckhart Tolle).

 

Doch wie kommt man ins Jetzt? Jeder, der einmal in einer großen Gefahrensituation war, kennt das: der Verstand ist ausgeschaltet, alle Sinne sind auf das konzentriert, was jetzt passiert. Was jetzt zu tun ist. Das geht dem Bergsteiger oder dem Autofahrer in einer kritischen Situation so. Da denkt man nicht an die untreue Freundin oder den nächsten unangenehmen Zahnarztbesuch. Das passiert ganz automatisch in Ausnahmesituationen.

 

Doch man kann auch ohne diese gefährlichen Situationen ins Jetzt kommen, in denen Grübeleien und Sorgen keine Rollen spielen. „Achte auf Pausen – die Pause zwischen zwei Gedanken, die kurze Pause zwischen den Worten eines Gesprächs, zwischen den Tönen beim Klavier. Oder Flötenspiel, auf die Pause zwischen Ein- und Ausatmen. Wenn du diesen Pausen Aufmerksamkeit schenkst, wird aus dem gewahr sein von ‚etwas‘ einfach Gewahrsam sein“ (Eckhart Tolle). Also Leben im Jetzt.

 

Das passiert mit uns, wenn wir im Jetzt sind: „Ein flüchtiges Gefühl von Liebe und Freude oder kurze Momente tiefen Friedens sind möglich, wann immer eine Unterbrechung im Gedankenstrom entsteht. Für die meisten Menschen geschehen diese Unterbrechungen selten und nur zufällig in Momenten, wo der Verstand ‚sprachlos‘ ist, manchmal hervorgerufen durch immense Schönheit, außerordentliche körperliche Anstrengung oder sogar durch große Gefahr“ (Eckhart Tolle).

 

Meist jedoch steigen in uns Gedanken auf, die uns das Tor zum Jetzt verschließen. Schenke ihnen keine Aufmerksamkeit. Lass sie einfach ziehen. Bewerte nichts. Dann verschwinden sie wieder.

 

Oft hilft auch Stille, um ins Jetzt zu kommen. „Wenn du der Stille gewahr wirst, dann ist da sofort ein Zustand von stiller Wachsamkeit. Du bist präsent. Du bist aus einer kollektiven menschlichen Konditionierung und Tausenden von Jahren ausgestiegen“ (Eckhart von Tolle).

 

Leben im Jetzt. Ohne Grübeleien und Sorgen. Das ist ein großes Glück. Aus dem wir eine große Kraft schöpfen können. Wie dieses gelingt, das schreibt Eckhart Tolle in seinem Buch „Jetzt!“.

 

Deshalb empfehle ich es gerne weiter.